Ach du dicker Hund

Waldi, Hasso & Co. leiden inzwischen immer mehr unter den gleichen Wohlstandskrankheiten wie ihre Besitzer. Und nicht nur diese sind ein Problem. Unsere Hunde werden auch immer dicker. Das bringt unweigerlich früher oder später gesundheitliche Probleme mit sich, die die Lebensqualität der Hunde beeinträchtigen, zu hohen Tierarztkosten führt und letztlich auch das Leben unserer Hunde verkürzen können.

Was ich an dieser Stelle vorweg nehmen möchte: Niemand füttert sein Tier absichtlich fett. Die emotionale Bindung zwischen Mensch und Tier ist vielschichtig. Und nicht immer haben Herrchen und Frauchen das Problem selbst in der Hand. Und manchem Hundehalter fällt es schlichtweg nicht auf, dass der eigene Hund zu dick ist.

Für fast jedes Problem gibt es eine Lösung… wenn man das Problem als solches erkennt. Ich möchte mit diesem Beitrag Menschen helfen zu erkennen und auch einen Leitfaden anbieten für vielleicht unvermeidliche Gespräche.

Gewichtskontrolle bei Hunden ist genauso komplex wie bei ihren Menschen

Beispiel Frau K. – Sie ist Besitzerin eines relativ jungen Collies. Eigentlich gehörte Rufus ihrem Mann, der starb allerdings vor einigen Monaten völlig überraschend und nun ist Frau K. mit Rufus alleine. Rufus ist dick. Viel zu dick.

Erste zögerliche Annäherungsversuche meinerseits wurden abgetan mit „Der hat nur viel Fell. Ist ja ein Collie.“. Rufus konnte immer schlechter laufen, bekam Arthrose und musste vom Tierarzt Schmerzmittel bekommen.

Eine Bestandsaufnahme der Fütterung machte es deutlich: Rufus bekommt schon ein sehr reichhaltiges Trockenfutter und zudem mehrere Hände voller gebackener Knochen aus dem Tierfutter-Fachmarkt. Diese sind jeweils 7 cm lang. Alleine diese Leckerlies machen, rein kalorisch gesehen, die Hälfte seines täglichen Bedarfes aus. Zusätzlich zu dem hochkalorischen Trockenfutter bekommt Rufus also mehr als 1,5 mal so viele Kalorien, wie er benötigt.

Und nun beginnt der Teufelskreis: Rufus wird immer dicker. Er kann sich zudem immer schlechter bewegen. Rufus liegt viel und macht einen traurigen Eindruck. Und weil er so traurig wirkt, füttert ihm Frau K. mehr. Denn Rufus soll doch glücklich sein.

Frau K. liebt ihren Rufus sehr. Er ist das Einzige, was ihr von ihrem Mann geblieben ist. Umso größer ist die Hürde für ein gutes Gespräch, dass darauf abzielt, dass Frau K. erkennen kann, dass sie Rufus nichts Gutes tut. Hier ist viel Empathie und Einfühlungsvermögen gefragt.

Was bedeutet „dick“?

Viel wichtiger als eine Zahl auf der Waage ist mir, wie fühlt der Hund sich an und wie sieht er aus?  Ein älterer Hund mit Problemen im Bindegewebe kann einen „Hängebauch“ haben und ansonsten trotzdem krachmager sein.

Als Faustregel gilt:

  1. Der Hüftknochen muss sichtbar sein
  2. Die Rippen müssen gut tastbar sein

Betrachte deinen Hund also zunächst kritisch. Was sagt dir deine Sichtkontrolle? Alles schick?

Nun kannst du beim kraulen spielerisch deinen Hund betasten. Einfach mal ordentlich streicheln und ganz nebenbei die Fingerspitzen von vorne nach hinten über den Rippenbogen gleiten lassen. Wenn du hier schon oberflächlich „Berg & Tal“ spürst, ist dein Hund garantiert nicht zu dick.

Solltest du allerdings mit deinem Finger ordentlich „stochern“ müssen, bis du auf die Rippen stößt…

An dieser Stelle hebe ich mahnend den Zeigefinger: Sei kritisch und ehrlich zu dir selbst.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Beim Neufundländer sollte der Hüftknochen natürlich nicht sichtbar sein. Da versperrt das Fell die freie Sicht. Also bitte nicht den armen Hund so lange auf Diät setzen, bis man sie sieht.  ?

Die Sache mit dem Gewicht

Und ja, wir nehmen auch das Gewicht zur Hand. Wenn der Labbi-Rüde, der in der Regel 30 kg auf die Waage bringt, plötzlich 40 kg und mehr wiegt, zählen keine Ausreden mehr. Dann ist Titus nicht besonders groß oder aus einer „Showlinie“ – er ist einfach zu fett. Punkt! Klingt hart, ist aber so.

Sei kritisch und ehrlich zu dir selbst

Wenn also dein Hund gewichtstechnisch völlig aus der Norm geraten ist, schau ihn dir kritisch an. Hat er wirklich nur „schwere Knochen“? Und denk mal an den letzten Tierarztbesuch zurück… hat dein Tierarzt dir nicht schon zwischen den Zeilen versucht zu sagen, dass dein Hund abnehmen muss?

Die Augen zu verschließen ist nicht hilfreich. Nur wenn du erkennst, dass es ein Problem gibt, wirst du es lösen können.

Die Folgen von Übergewicht liegen auf der Hand. Kurzum: Übergewicht macht krank! Aber woher kommt die Oberflächenvergrößerung?

Übergewicht bei Hunden entsteht meistens durch Wohlstandsgewohnheiten von Menschen

Problem 1: Futter als Liebesbeweis

Hand aufs Herz: Wie viele Leckerchen bekommt dein Hund am Tag?

Der häufigste Faktor für Übergewicht ist das Füttern von Leckerchen. Wir reden hier allerdings nicht von mal einem kleinen Trainingsleckerlie oder auch mal einem kleinen Stück Käse, wenn Fridolin etwas besonders gut gemacht hat.

In meiner Tier-Naturheilpraxis begegnen mir immer wieder Hundehalter und Hundehalterinnen, bei denen die Liebe sprichwörtlich durch den Magen geht. „Der guckt so lieb“, „Aber er hat doch immer Hunger“ bis hin zu „Aber ich muss ihm doch zeigen, wie lieb ich ihn hab“ habe ich so ziemlich alle Ausreden gehört.

Sehr häufig beobachte ich dieses Problem bei älteren Menschen, die selbst nicht mehr so viel mit dem Hund laufen können, der Hund aber manchmal der einzige Gefährte ist. Irgendwo muss man mit der Liebe ja hin und diese Zuwendung wird dann in Form von Leckereien in den Hund gestopft. Dabei verlieren sie meist das Maß völlig aus den Augen.

Lösungen:

  • Betrachte deine Leckerchen-Fütterung selbstkritisch oder lass diese durch Freunde beurteilen.
  • Du fütterst zuviel nebenbei? Dann verringere die Dosis. Gelingt dir dies nicht, lege dir ein kleines Glas mit abgezählten Leckerlie für jeden Tag an. Ist das Glas bereits Mittags leer – Pech gehabt. Mehr gibt es auch für Frauchen nicht.
  • Hat dein Hund schon ein Gewichtsproblem? Rechne die Kalorien der Leckerchen aus und ziehe sie entsprechend vom täglichen Futter ab. Dann muss halt einfach weniger Futter im Napf landen.

Problem 2: Futter als Mittel zur Erziehung

Wenn du einen Hund hast, der gut auf Leckerlies fürs Training reagiert, ist das zwar auf der einen Seite positiv, denn dein Hund ist leichter zu trainieren, als ein Hund, dem Futter völlig egal ist. Allerdings birgt es auch das Risiko, dass du deinem Hund zu viele Kalorien zuführst als er benötigt.

Lösungen:

  • Du kannst das Trainingsfutter von der regulären Mahlzeit abziehen und entsprechend weniger in den Napf geben.
  • Benutze zum Trainieren sehr kleine Leckerlies.
  • Probiere doch mal aus, ob dein Hund auf gesprochenes Lob oder Streicheln nicht auch gut reagiert. Streicheleinheiten sind ebenfalls toll als Belohnung.

Problem 3: Bewegungsmangel

Eher seltener begegnet mir das Problem „Faulheit“ auf menschlicher Seite. Viel häufiger kommt es vor, dass der Zweibeiner am Ende der Leine seinem Hund dauerhaft zu wenig Bewegung bieten kann, weil er oder sie z. B. selbst nicht mehr gut zu Fuß ist (Stichwort Alter). Auch berufliche Gründe kann es hierfür geben.

Lösungen:

  • Bitte Freunde oder Nachbarn um Hilfe, wenn du es nicht schaffst deinen Hund ausreichend zu bewegen. Viele helfen sicher gerne.
  • Hast du Freunde, die ebenfalls einen Hund haben? Vielleicht könnt ihr euch gegenseitig unterstützen und euch mit langen Spaziergängen abwechseln?! Du musst unter der Woche zuviel arbeiten? Dann biete deiner Freundin oder deinem Freund an, den Hund am Wochenende mitzunehmen und im Umkehrschluss bespaßen sie deinen Hund unter der Woche.
  • In fast jeder Stadt gibt es professionelle Gassi-Services. Hast du schon mal im Internet recherchiert?
  • Mach einen Aushang in den weiterführenden Schulen. Vielleicht möchte sich der eine oder andere Schüler etwas Taschengeld dazu verdienen. Meine Erfahrung ist, dass die Hunde nach einer kurzen Zeit des Aneinander-Gewöhnens diese Abwechslung richtig lieben.
  • Nicht für jeden Hund geeignet, aber eine spannende Abwechslung zu Spaziergängen: Reizangeltraining. Hierzu werden vielerorts Kurse von Hundetrainern angeboten. 

Nicht immer hat man das Problem selbst verursacht!

Exogener, pathogener Faktor Oma, Nachbar, Ehemann

Was ist ein exogener, pathogener Faktor? Ein Problem, das von außen kommt und krank macht.

Das kennen wir doch alle: Die Oma steckt Waldi immer wieder etwas zu, die Nachbarin steckt permanent Kaustreifen durch den Zaun oder der liebe Ehemann versenkt jede Menge Leckerchen in den Hund und macht jede Diät schon im Ansatz Zunichte.

Wir können die Oma schlecht wegsperren, weil sie eine Gefahr für unseren Waldi ist. Wir können auch schlecht umziehen wegen der beratungsresistenten Nachbarin.

Wir könnten einen mehrere Meter hohen und undurchlässigen Zaun um unser Grundstück ziehen und dem Ehemann Daumenschrauben anlegen – immer ein bisschen enger drehen, wenn er mal wieder ein Leckerchen gefüttert hat.

Spaß beiseite. Manchmal haben wir die Fütterung unserer Fellnase nur bedingt in der Hand. Wenn ein zweibeiniger exogener, pathogener Faktor im eigenen Haus oder unmittelbar daneben wohnt, hat man zuweilen schlechte Karten.

Lösungen:

  • Zunächst das Gespräch suchen und erklären, warum Waldi dieses und jenes nicht bekommen darf. Allergien und Erkrankungen können nette Ausreden sein. Es will dem Hund ja niemand etwas Schlechtes.
  • Biete deinem exogenen, pathogenen Faktor eine Alternative an. Von dir ausgesuchte, kleine Leckerlies, die natürlich ganz speziell auf Waldi abgestimmt sind. ? Aber bitte ohne Umverpackung. Denn der exogene, pathogene Faktor soll ja nicht die Möglichkeit haben, dieses spezielle Zeug selbst zu besorgen. Denn so hast du einen genauen Überblick was und wieviel Waldi bekommt.
  • Der exogene, pathogene Faktor wohnt direkt im Haus? Wenn du Trockenfutter fütterst (du hörst schon wieder meine Zähne knirschen), fülle die Tagesportion Trockenfutter in ein Vorratsglas. Ausschließlich aus diesem Glas darf der e.p.F. dann die „Leckerchen“ füttern. Alles, was am Abend noch im Glas enthalten ist, bekommt Waldi dann in seinen Napf. Ist es leer, gibt es nichts mehr. Armer Waldi? Nein, denn er hat ja seine Portion bekommen, über den Tag verteilt.

Natürlich gibt es noch viele weitere Faktoren, die das Gewicht deines Hundes negativ beeinflussen können:

Krankheiten, insbesondere Stoffwechselerkrankungen, können zu Übergewicht führen. Im Zweifel gehe lieber einmal mehr zu deinem Tierarzt und lass deinen Hund durchchecken. Im Ansatz erkannte Krankheiten können viel besser behandelt werden.  

Industriell hergestelltes Futter ist meist hochkalorisch und kann zu Übergewicht deines Hundes führen.

Mangelnde Bewegung ist ein großes Thema und sollte bei dicken Hunden immer Berücksichtigung finden. Bitte im Rahmen der Möglichkeiten und ggfs. nach Absprache mit einem Tierarzt und/oder Hundetrainer.

Fazit: Wenn du selbst die Ursache für das Übergewicht deines Hundes bist, lässt es sich doch eigentlich ganz leicht abstellen. Aber wenn du nicht in der Hand hast, was dein Hund zusätzlich „reingeschoben“ bekommt, ist Kreativität und Einfallsreichtum gefragt.

Wenn du nicht weiter kommst, schreib mir gerne oder besuche mich zu einer Beratung in meinem Laden. Gemeinsam finden wir sicher die passende Lösung für dich und deinen Hund.

Du kannst dich auch gerne in meinem Onlineshop nach gesunden und naturbelassenen Snack- und Kau-Alternativen umsehen. Ich freu mich auf deinen Besuch.

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